Schwowisches von Wilhelm Walter – Die Hochzeit

4 Die Hochzeit

 

Mei Juli-Oma wor aus Darwa. Ich wor mer sicher, dass alle Leit aus Darwa freindlich sen. Ich wor paarmol dort. Es wor emmer arich scheen. ‘S Haus von meiner Oma hat am Enn vom Dorf gstann. Aach onser Haus en Sacklas hat am Enn vom Dorf gstann. Damols han ich gemennt, dass alle Heiser am Enn vom Dorf stehn.

 

Am Enn vom Dorf en Darwa wor‘s fascht so scheen wie am Enn vom Dorf en Sacklas. Es wor higlich on mer hat met‘m Bezikel so scheen roff on nunner fahre kenne.

 

Eemol wore mer of eener Hochzeit engelad. De Brautvatter wor arich stolz. So stolz wie sei Kokosch, der wo of‘m Meschthaufe of on ab gelaaf es. Alle zwa wäre fascht explodeert, so stolz wore se. Stolz on gfährlich wor awer nor de Kokosch.

 

En Darwa hat‘s ganze Dorf Hochzeit gfeiert. Die Verwandtschaft aus Sacklas hat sich scheen angezoh. ‘S Leni, mei Schweschter, es ofgepotzt gen on hat sich nimmi gerehrt. Ich han aach e neies Gwand gkritt. Vom Pohr Klosi. Von meim Fermpat. Wuchelang han se mich zum Anproweere gschleppt. Sei Schneiderwerkstatt wor en der Hinnerschtkich en der Kleen Kreizgass.

 

E Schneidertesch, e Radio on e Diwan. Dort hat er gsetzt on genäht. Damols hat mer mei Schweschter, ‘s Leni, ‘s Buch vom Tapfere Schneiderlein vorgelest. Ich wor mer ganz sicher, dass des de Pohr Klosi wor. Späder sen ich aach gere zum Anproweere gang. Weger’m Radio. De Pohr Klosi hat genäht on hat Bundesliga ghorcht. Er hat emmer Bundesliga ghorcht. Er hat damols zu Hamburg ghall. Hamburg wor awer arich schwach. Er hat awer tapfer zughorcht.

 

Ich han zu Gladbach ghall. Ich weeß ah nimmi wieso. Vleicht well ich net zu de Bayre han halle welle wie‘s halwe Dorf on wie mei Kulleger Cicio. Mer han of Deitschland gschrieb on han Autogrammkarte gkritt. ‘S Bild vom Netzer hat johrelang onner meim Koppekesse geleh. Der Mann, der wo om‘s Eck schießt! Schuhgröße 47. Lange, blonde Hoor, e ritzeroder Ferrari! E Rebell am Balle! De Cicio hat die ganz Zeit von em gewesse Beckenbauer gered. Zum Teiwel met‘m Beckenbauer! Ich sen ah net zur CFR gang. Ich han bei der Poli Fotballe gspillt.

 

Em Fotballe wore mer nie eener Meenung. Awer for des em Karte spille. Wann mer beim Getzje gfärwelt han, noh wor alles numel gut. Of eene han ich mich derbei emmer verlosse kenne: Of mei Schoolkomrad on Freind Zaki. Er hat emmer alles geregelt, wann zu vill Geld of‘m Tesch wor. Er hat ons ah gholf, wann ons die annre schlaan han welle.

 

Wann de Zaki, de Herri on ich fort wore, han mer ke Probleme ghatt numel sicher en onser Ecke zu komme. De Zaki wor stark. De Herri on ich wore schnell. De Zaki hat ah net zu de Bayre ghall. Er hat zu der Eintracht ghall, well dort de Friedel Lutz gspillt hat. De Zaki heescht nämlich ah Lutz. Ich han‘m des emmer hoch angerechnet, dass er net zu de Bayre ghall hat.

 

En Darwa han se nix vom Fotballespill gewesst. Ich han damols ah noh net vill gewesst. Ich han nor de Kokosch gsiehn, der wo of em Meschthaufe großspurich of on ab gelaaf es. Ich han em’s neie Gwand vom Pohr Klosi weise welle. Er es an mer hochghupst. Ich han ne fescht ghall on nimmi lossgeloss. Mei Motter es fascht verruckt gen. Dorch‘s halwe Dorf, en die Kerch, han ich em Training gehn derfe. Ich han mich gfiehlt wie Günter Netzer.

 

Es wor die schenscht Hochzeit, die wo ich als Kend erlebt han.

 

 

Worterklärunge

Juli Oma – Wilhelm Julianna, geb. Dassinger, meine Großmutter, väterlicherseits, Jahrgang 1899

Darwa – Darova, ehemaliges deutsches Dorf im Banat, ca. 70 km östlich von Sackelhausen

Sacklas – Sackelhausen (deutsch), Săcălaz (rumänisch), Szakálháza (ungarisch); ehemaliges

deutsches Dorf im rumänischen Banat, 9 km von Temeswar entfernt

Leni – Pless Magdalena, geb. Wilhelm, meine Schwester, vier Jahre älter als ich, Jahrgang 1950

Pohr Klosi – Pohr Nikolaus, mein Firmpate, Jahrgang 1940

Hinnerschtkich – kleine Kammer

Kleen Kreizgass – Kleine Kreuzgasse; Querstraße links und rechts der Hauptstraße

Hamburg – Hamburger Sportverein (HSV), Fußball Bundesligaclub

Gladbach – Borussia Mönchengladbach, Fußball Bundesligaclub

Bayre – FC Bayern München, Fußball Bundesligaclub

Cicio – Piskay Peter, Klassenkamerad, Jahrgang 1954

Netzer – Günter Netzer, ehemaliger Fußballspieler bei Borussia Mönchengladbach

Beckenbauer – Franz Beckenbauer, ehemaliger Fußballspieler bei Bayern München

CFR – Căile Ferate Române Timişoara, Fußballclub der Eisenbahner in Temeswar

Timişoara – deutsch Temeswar (Temeschburg), ungarisch Temesvar

Poli – Politehnica Temeswar, studentischer Fußballclub

Frankfurt – Eintracht Frankfurt, Fußball Bundesligaclub

Getzje – Götz Mathias, Klassenkamerad, Jahrgang 1954

Gfärwelt – Karten gespielt; hier das Kartenspiel ‚Färwle‘, eine Art Poker

Zaki – Lutz Hans, Klassenkamerad, Jahrgang 1954

Herri – Seibert Herbert, Klassenkamerad, Jahrgang 1954

Training – Trainingsanzug

 

Vielen Dank an Wilhelm Walter für den Text aus seinem Buch den er zur Verfügung gestelllt hat.

Bisher ist von ihm erschienen:

Hochdeutsch:
Buch: „Erinnerungen aus der Kindheit“ (24 Einzelgeschichten), 1. Auflage 2014
Hörbuch (2 CD`s): „Erinnerungen aus der Kindheit“ (24 Einzelgeschichten), 2015

Mundart – Sacklaser Dialekt
Buch: „Erinnerunge aus der Kendheit“ (24 Einzelgeschichten), 2015 (Sacklaser Dialekt) € 10,00
Hörbuch (2 CD´s):“Erinnerunge aus der Kendheit“ (24 Einzelgschichte), 2015 (Sacklaser Dialekt)

Rumänisch
Buch: „Amintiri din copilaria mea“ (24 de povestiri), 2015 (Rumänische Übersetzung)

Preise
Buch 10,00 €
Hörbuch 6,00 €

Sie können die Bücher und Hörbücher bestellen bei Herrn Wilhelm Walter
info@wilhelmwalter.de

Weitere Informationen und Geschichten erhalten sie auf der Homepage www.wilhelmwalter.de