Schwabenball 1960 in Göppingen – 1500 Teilnehmer beim 2. Landestrachtenfest

Aus Banater Post Ausgabe Nr. 3 Jahrgang 4, Erschienen in Stuttgart am 15.03.1960


Als am späten Nachmittag des 20. Februar sich eine Abordnung der Trachtengruppen unter Führung von Josef
Michels ins Rathaus von Göppingen begab, um dem Oberbürgermeister der Stadt, Dr. König, und den anwesenden Stadträten ihre Aufwartung zu machen, bot der große Saal der Stadthalle ein festliches Bild. Es war das Bild, das wir von den vielen Schwabenbällen zuhause her gewohnt waren. Trachtengruppen, festliche Kleidung, freundliches Hin- über- und Herübergrüßen, freudige Begrüßung Bekannter, die sich lange nicht
mehr gesehen, hatten, alles trug dazu bei, gewohnte Feststimmung aufkommen zu lassen.
Als zur grüßen Freude der Oberbürgermeister von Göppingen, Dr. König mit seiner Gattin – beide in altschwäbischer Tracht eingetroffen waren, zogen die Trachtenpaare aus Göppingen, Augsburg und Speyer in ihren bunten Trachten unter -den Klängen des Prinz-Eugen-Marsches in den Saal, von allen Gästen stürmisch begrüßt.
Dann begrüßte unser Landsmann, Oberingenieur Rieser, als strammer Kirchweihbursche alle Erschienenen mit
folgender Ansprache:
Ihr lieben Schwaben von der Quelle bis zur Mündung der Donau!
Alle die vielen strahlenden und erwartungsvollen Gesichter erinnern an jene Zeit in der Heimat, da alles zum
Fest der Schwaben, zum Trachtenfest gerüstet hat, und an jene frohen und glanzvollen Stunden in den Ferdinand-Sälen zu Temeschburg, wo 400.000 Schwaben, vertreten durch die Trachtengruppen der einzelnen Gemeinden eines der schönsten Feste des Jahres feierten.
Und so hielten es die Deutschen aus Ungarn in Budapest und die Deutschen aus Jugoslawien in Neusatz. Nicht
übermütiges Treiben, sondern Quellen der Freude waren diese Feste allen die ein ganzes Jahr mit harter
Arbeit verbrachten.
Wir, die wir vom Schicksal den gleichen Weg zurückgeführt wurden, den unsere Vorfahren vor 250 Jahren südostwärts gegangen sind, sind glücklich, im Land unserer Vorfahren wieder eine neue Heimat gefunden zu haben und freuen uns ganz besonders darüber, daß das Land Baden-Württemberg – stellvertretend für den ganzen Südwestraum des deutschen Sprachgebietes – dieses Heimatrecht durch eine Patenschaft für die Donauschwaben anerkannt hat.
So begrüße ich Sie alle, die Sie aus nah und fern zu diesem Fest gekommen sind, aufs herzlichste!
Ich begrüße ganz besonders die Ehrengäste dieses Festes, vor allen den zusammen mit seiner verehrten Frau
Gemahlin in altschwäbischer Tracht erschienenen Herrn Oberbürgermeister der Feststadt Göppingen, Dr. König; den Vorsitzenden des Südostdeutschen Rates und ehem. Bundestags-Abgeordneter Dr. Trischler; den Vertreter der Deutschen aus Ungarn, Herrn Sauter; den Vertreter der Deutschen aus Jugoslawien, Herrn Jakob Wolf; den Vertreter der Deutschen aus Rumänien, Herrn Willi Reiter; die nach acht Jahren Kerker in die Freiheit entlassene Ordensschwester Patricia Zimmermann aus Freidorf bei Temeschburg.
Durch anderweitige Verpflichtungen und durch Krankheit am Erscheinen verhindert, grüßen und wünschen einen schönen Verlauf des Festes, der Herr Ministerpräsident Kiesinger, der Vertreter, des großen Heimatvereines, des Schwäbischen Albvereins, Herr Dr. Kühler; der Herr Oberbürgermeister der Stadt Geislingen an der Steige Herr Dr. Klotz. So wünsche ich allen Freude. Freude um Kraft zu schöpfen aus diesem Lebensquell, für alle Tage eines langen
Jahres. Nehmen Sie alle – wenn dieses Fest verrauscht ist -seine heimatlichen Klänge im Herzen mit hinaus in
den Lebenskampf als Erinnerung und zum Gedenken: „… wie’s daheim, wie’s daheim einst war!“
Den bändergeschmückten Rosmarinstrauß erwarb Oberbürgermeister Dr. König, der ihn seiner Gattin verehrte.
Zur großen Freude der 1500 Landsleute, die aus allen Teilen der Bundesrepublik und sogar aus Österreich gekommen waren, ergriff der neue Vortänzer das Wort. Oberbürgermeister Dr. König entwarf das Bild unserer Heimat, wie er sie erlebt hatte, mit den schmucken und sauberen Dörfern und Städten, mit Bewohnern, deren Gastfreundschaft und Tüchtigkeit ein Begriff waren. „Der Verlust dieser Heimat trifft nicht nur den Kreis der Vertriebenen; dieses Land war ein kulturelles Bollwerk, Garant für ein friedliches westliches Abendland“, sagte Dr. König. Daß er an diesem Abend die altschwäbische Tracht zusammen mit seiner Gattin angelegt habe, solle symbolisch die Verbundenheit der „Schwaben mit den Schwaben“ zum Ausdruck bringen. Diese Tracht sei damals in Göppingen und auf der ganzen Ostalb getragen worden, als der große Schwabenzug nach dem Südosten zog. Und in der Gemeinde Unterböhringen befinde sich im Rathaus ein großes Bild, das an die Zeit der Schwabenzüge erinnere. Josef Michels überreichte dann dem Oberbürgermeister eine Reproduktion des Einwanderungsbildes von Jäger. Dr. König versprach, diesem Bild in seinem Rathaus einen Ehrenplatz zuzuweisen.

Der Vortänzer überreicht Herrn OB Dr. König den Kirchweihßstrauß


Eine Göppinger Zeitung schloß ihren Bericht über das Trachtenfest der Banater Schwaben aus Rumänien, der
Deutschen aus Jugoslawien und Ungarn, das leider nur von dem Landesverband Baden-Württemberg der Landsmannschaft der Banater Schwaben unterstützt wurde, mit folgenden Worten:
„Das Motto des Landestrachtenfestes „Wie’s d’rheem war“, erfüllte sich am Samstagabend ganz mit Leben. Der Anblick der reizenden, zum Teil außerordentlich kostbaren und später prämiierten Trachten war eine reine Augenweide. Plissierte Röcke über drei bis sechs brettsteifen Unterröcken, gestrickte Schürzen, Jacken und Bänder aus Brokatseide, Samt und Leinen; dazu die mit künstlichen Blumen und kleinen Spiegeln verzierten Hüte der Männertracht aus Ungarn und zierlich gefälteten Hemden und Hauben der Mädchen aus Jugoslawien. Dies alles wirbelte und stampfte zu Polka-, Walzer- und Marschmusik über den Tanzboden.
Die gut vertretene ältere Generation „in Zivil“ zeigte sich voller Schwung und Temperament den altdeutschen Tänzen ebenso gewachsen. Das Fest klang erst lange nach Mitternacht aus – „gmietlich, wie’s d’rheem war“.