Flotte Blasmusikklänge auf dem Stuttgarter Schlossplatz

Der Landesverband Baden-Württemberg der Landsmannschaft der Banater Schwaben veranstaltete in Zusammenarbeit mit dem Freundeskreis Donauschwäbischer Blasmusik (FDB) seit 2005 alljährlich ein Donauschwäbisches Blasmusikkonzert in der Konzertmuschel im Mannheimer Herzogenriedpark. Nach der pandemiebedingten Unterbrechung sollte die erfolgreiche Konzertreihe nun fortgeführt werden, die Stadt Mannheim erteilte jedoch hierfür keine Genehmigung, und das obwohl in der Konzertmuschel Rockmusikkonzerte stattfinden dürfen. Infolgedessen mussten die Veranstalter wie schon im vergangenen Jahr auf den Schlossplatz in Stuttgart ausweichen. Dort tummelt sich zwar viel Laufkundschaft, es fehlen aber leider Sitzplätze. Solche gibt es nur in den Restaurants an den Königsbauarkaden. Trotzdem verweilten am 24. Juli viele Passanten vor dem Musikpavillon, lauschten den Blasmusikklängen oder zückten ihre Handys, um Fotos zu machen. Und der ein oder andere brachte in freundlichen Worten seine Anerkennung zum Ausdruck. 

Die Ungarndeutsche Heimatblaskapelle Backnang. Foto: FDB

Im Vergleich zum letzten Jahr bei damals angenehmen Temperaturen hatten die mitwirkenden Kapellen diesmal mit großer Hitze zu kämpfen. Die Musiker schlugen sich aber wacker und gaben ihr Bestes. Den Anfang machte die Ungarndeutsche Heimatblaskapelle Backnang unter der Leitung von Hans Bachstetter. Mit dem Marsch „Jászkun induló“, den der Regimentskapellmeister Josef Müller unter dem Eindruck der revolutionären Ereignisse von 1848/49 komponierte, eröffnete sie das Konzert. Richard Jäger, Vorsitzender des Landesverbandes Baden-Württemberg der Landsmannschaft der Banater Schwaben, begrüßte sodann die Gäste, darunter den Zweiten Vorsitzenden des Freundeskreises Donauschwäbischer Blasmusik Richard Hummel. 

Norbert Merkle, Manager und Conférencier der Spitzenblaskapelle Stříbrňanka aus Südmähren und Schriftführer des Freundeskreises Donauschwäbischer Blasmusik, moderierte diesen Konzertnachmittag. Er bedankte sich bei Richard Jäger für die Organisation des Konzerts und die gute Zusammenarbeit mit dem FDB. Da vielen Zuhörern der Begriff „Donauschwaben“ nicht vertraut war, bot der Moderator zwischendurch immer wieder Informationen zur Geschichte der Deutschen aus Ungarn, der Donauschwaben aus dem ehemaligen Jugoslawien, der Banater Schwaben aus Rumänien und – da diesmal auch eine siebenbürgische Blaskapelle mitwirkte – auch zu den Siebenbürger Sachsen.   

Die Ungarndeutsche Heimatblaskapelle Backnang spielte als Besonderheit auch einen Titel des berühmten Operettenkomponisten Emmerich Kálmán. Das Duett „Tanzen möcht ich“ aus der Operette „Die Csárdásfürstin“ erhielt viel Applaus. Hinzu kamen natürlich einige Klassiker der Prager Blasmusik: „Zwei Tränen“ (Pro Jamilku) und die Wachtelpolka („Bezejmenná“) von Karel Vacek, „Auf der Vogelwiese“ (Počápelská polka) und „Über zwei Dörfer“ (Přes dvě vesnice) von Josef Poncar. Die Kapelle bot auch den von Hans Bachstetter komponierten Titel „Bustjak-Polka“ dar. Mit der Polka „Marenka“ beendete die Kapelle ihren Auftritt.

Nach einer kurzen Pause nahm die Siebenbürger Trachtenkapelle aus Göppingen unter der Leitung von Bernhardt Staffendt Platz im Musikpavillon. Die Kapelle ist das jüngste Mitglied des Freundeskreises und spielte das erste Mal für den Verein auf. Als Gesangsduo traten Reinhold und Michael auf. Mit der Polka „Grüß Gott, ihr Freunde“ von Georg Schorsch eröffnete die Kapelle den zweiten Teil des Konzerts. Sie bot auch aktuelle Blasmusikhits dar, wie zum Beispiel Mathias Rauchs „Böhmische Liebe“, Helmut Kassners „Genieß dein Leben jeden Tag“ (der Komponist stammt aus Jahrmarkt), die Polka „Das Sternchen“ und die „Stremtal-Polka“. 

Zur Geschichte der „Strental-Polka“ lieferte Norbert Merkle interessante Details: Dieser Titel, der im Original „Já nemám nic“ (Habenichts-Polka) heißt, stammt auch aus der Feder von Josef Poncar und wurde 1935 Siegertitel der tschechoslowakischen Hitparade. Seit etwa 1955 war es das beliebteste Lied der tschechoslowakischen Infanterie. Später geriet es in Vergessenheit. Vor einigen Jahren hat dann Johann Bauer aus Österreich den alten Titel wiederentdeckt und neu bearbeitet. Die Blaskapelle „Eine kleine Dorfmusik“ aus dem Südburgenland hat ihn dann unter dem Namen „Stremtal-Polka“ eingespielt und „Já nemám nic“ so zu neuer Blüte verholfen. 

Die Siebenbürger Trachtenkapelle aus Göppingen. Foto: FDB

Womöglich durch die letzte vom Freundeskreis herausgebrachte CD („60 Jahre Burgenlandkapelle. Die großen Erfolge aus den 60er Jahren“) inspiriert, bot die Siebenbürger Trachtenkapelle Göppingen erfreulicherweise noch einen ganz alten, fast vergessenen Titel dar: „Schwabenmädchen“, eine Komposition des legendären Dirigenten der Burgenlandkapelle Robert Payer, derzeit ältestes Mitglied des Freundeskreises Donauschwäbischer Blasmusik. Ein Titel, der sowohl von der Melodie als auch vom Text her sehr gut in ein donauschwäbisches Blasmusikkonzert passt. Ist es vielleicht als Fingerzeig zu deuten, dass eine Kapelle aus Siebenbürgen diesen typisch donauschwäbischen Titel spielt?

Norbert Merkle bedankte sich zum Schluss bei den Musikern und Leitern der beiden mitwirkenden Kapellen und bat die Gäste, der Blasmusik allgemein treu zu bleiben. Es sei ein wichtiges Kulturgut, das nicht sterben dürfe, auch wenn es manche gesellschaftliche und politische Strömungen gerne so hätten, betonte der Moderator. Norbert Merkle