Der Landesverband Baden-Württemberg hat am 10. September zur ersten historischen Fachtagung in den Hotzenwald eingeladen. Über 50 Teilnehmer sind der Einladung nach Herrischried gefolgt.
Aus dem Hotzenwald stammen viele Vorfahren der Banater Schwaben. Im 18. Jahrhundert waren von hier viele Bauern ins Banat ausgewandert. Wie sie hier im Hotzenwald lebten, erlebten die Teilnehmer der Klausurtagung auf dem Klausenhof in Herrischried. Und siehe da, Erinnerungen aus der Banater Kindheit werden wach.
Zuerst führte der Veranstalter gruppenweise die Tagungsteilnehmer in die Stube, wo der robuste Stammtisch steht und die alte, künstlerisch gefertigte Deckenlampe darüber hängt. Die zweite Räumlichkeit war das Seniorenzimmer, das er vorzeigte. Eine Lokalität, die wir sofort als „Ommas und Ottas Kammer“ mit dem „Lischestrohsack“ erkannten. Alle weiteren Nutzräume, die hier zu sehen sind, versinnbildlichen unsere frühere Lebenszeit im Banat. Zum Beispiel das gute alte Spinnrad, die Küche mit dem Sparherd, das Einschneiden von Sauerkraut, die Utensilien zur Weinlese und zum Schnapsbrennen, die Butterschleuder usw.
Die Salpeteraufstände im 18. Jahrhundert und die Deportation aus dem Hotzenwald ins Banat
Referent dieses Ereignisses war Dr. Joachim Rumpf, Görwihl.
Im 18. Jahrhundert waren von hier viele Bauern ins Banat ausgewandert. Nicht alle gingen aus dieser Region freiwillig. Etliche Salpeter-Anführer der unter der Bezeichnung Salpeterunruhen bekannte Bauernaufstände, die sich ab 1727 im Hotzenwald ereigneten, wurden samt Familien ins Banat deportiert, die ersten bereits 1752. Drei Jahre später erfolgte die Deportation von 112 Hauensteinern (der Hotzenwald umfasste weitgehend die Grafstadt Hauenstein) ins Banat. Dr. Rumpf schilderte diese Zeit des Schreckens, als wäre er selbst dabei gewesen.
Am Schluss seines einfühlsamen Referats überreichte der Landesvorsitzende Herrn Dr. Rumpf ein Buch über die 300-jährige Geschichte unseres Volksstammes.
Eine historisch-literarische und genealogische Spurensuche zu den verbannten Salpeterern im Banat
Der Referent Hubert Matt-Willmatt, Journalist aus Freiburg, verfolgt intensiv seine Spurensuche und reiste deshalb noch während des Kommunismus ins Banat. Für ihn schien besonders interessant die Ortschaften Saderlach, Neubeschenowa, Rekasch, Lugosch und Guttenbrunn. Es sind Orte mit vielen Schwarzwälder Vorfahren.
Die nicht freiwilligen Auswanderer verweigerten am Anfang eine Ansiedlung im südöstlichen Europa und mussten eine Zeit lang im Kerker in der Temeswarer Festung büßen, bis ihr Widersetzen gebrochen wurde. Deshalb schon die erwartungsvolle Begegnung des Referenten mit dem Temeswarer Bürgermeister Dominik Fritz im nächsten Jahr, wenn die Banater Landeshauptstadt als Europäische Kulturhauptstadt 2023 sich präsentieren wird. Also auch die Stadt Temeswar kann auf ein Ereignis mit Hotzenwälder Hintergrund hinweisen. Und… der amtierende Bürgermeister kommt nämlich aus dem Hotzenwald.
Saderlach eine alemannische Siedlung im Banat
Wenn Hans Burger sich in die Geschichte seines ehemaligen Heimatortes verwickelt, kann kein Mensch ihn daran aufhalten. Hans Burger ist ein überzeugter und stolzer Saderlacher.
Immer wieder betonte er den alemannischen Dialekt, den man im Norden des Banats in Saderlach, sprach und trotz großer Beeinflussung aus der Umgebung seine Identität über Jahrhunderte hinweg nicht verlor.
Er lobte aber auch den Banatforscher Johannes Künzig, der viel zum Erhalt unserer Banater Geschichte und für unser Volksgut tat. Ein einzigartiger Geschichtsfilm von 1937, der von einer Begegnung der Saderlacher und Hotzenwälder zeigt, bestätigt dies, so Burger.
Schicksalswege – warum Menschen auswandern und wieder zurückkehren am Beispiel der Hotzenwälderin Verena Enderlin und der Banater Schwaben.
Die Buchautorin des Romans „Verena Enderlin“ von Gerda von Kries (1901-1973) kam im Jahre 1950 von Göttingen nach Freiburg. Zu den eingehenden Studien für das Prosawerk, der das Schicksal einer mit ihrer Familie in das Banat ausgewanderten Murgerin beschreibt, weilte sie mehrere Monate am Schauplatz der Handlung.
Referent Richard Wagner zitierte eindringlich bestimmte Textvorlagen dieses Buches, um das Schicksal der Familie Enderlin näher zu beleuchten. Besonders einfühlsam schienen mir folgende Zitate: “… nach langer fast endloser Fahrt auf einer Ulmer Schachtel sind wir in der neuen Heimat angekommen. Es muss überall große Not herrschen, …” oder “Der Josef und ich haben auch so ein Haus gebaut, genau nach Vorschriften der Kolonisteninspektoren. Und geholfen hat jeder jedem.” Ein Brief vom Jahre 1767 endet mit den Worten, “wenn nur das Heimweh nicht wäre … Verena”.