Johann Georg Mojem – Unserer Gemeinschaft und dem Banat stets verbunden geblieben

Am 14. Juli 2020 starb in Stuttgart nach einem langen und erfüllten Leben Johann Georg Mojem im Alter von 93 Jahren. Knapp vierzig Jahre lang hat er in den verschiedensten Ämtern und Funktionen Verantwortung für unsere Landsleute und unseren Verband übernommen und so die Landsmannschaft mitgeprägt. Dabei konnte er sein umfangreiches Wissen in Finanz-, Renten- und Versicherungsangelegenheiten einbringen und unsere Mitglieder in ihrem Integrationsprozess begleiten. Sein besonderes Engagement galt dem Landesverband Baden-Württemberg, dessen Geschäftsführung er lange Jahre hindurch innehatte. Von seinem Büro aus im Haus der Heimat Stuttgart lenkte er in Zusammenarbeit mit dem jeweiligen Landesvorsitzenden die Geschicke des Landesverbandes, nahm organisatorische Aufgaben wahr, bereitete Veranstaltungen vor und hielt Kontakt zu den Gliederungen. Im Büro des Landesverbandes in der Schlossstraße 92 in Stuttgart war er fast bis zu seinem 90. Geburtstag täglich präsent.

Johann Georg Mojem (1926-2020). Foto: Cornel Simionescu-Gruber

Geboren wurde Johann Georg Mojem am 21. Dezember 1926 in der Gemeinde Ketscha (Checea), die in der Nähe der Grenze zu Serbien liegt. Hier war sein Vater Dr. Georg Mojem als Jurist und Vizenotär tätig, hier arbeitete seine aus diesem Ort stammende Mutter Helene als Lehrerin. Infolge der Berufung des Vaters zum Notar in Gertianosch übersiedelte die Familie 1932 in diese Großgemeinde, die fortan ihr Zuhause sein sollte. Johann Georg Mojem bekannte sich als Gertianoscher, so gehörte er auch dem Vorstand der Heimatortsgemeinschaft Gertianosch an, auch wenn er nicht dort das Licht der Welt erblickte.

Nach dem Besuch der Volksschule lernte er vier Jahre lang am Bischof-Teutsch-Gymnasium im siebenbürgischen Schäßburg, um danach wieder ins Banat zurückzukehren. Am deutschen Realgymnasium in Temeswar, der heutigen Lenauschule, besuchte er die Klassen 5 bis 7. Er war ein vorzüglicher Akkordeon- und Klavierspieler und zeit seines Lebens ein großer Musikliebhaber. Der Einbeziehung in die Deutsche Wehrmacht im August 1944 und dem Kriegsdienst folgte bis August 1945 die amerikanische Gefangenschaft. Seine durch die Kriegswirren unterbrochene schulische Ausbildung beendete er im November 1946 im oberösterreichischen Eferding mit der Matura. Danach zog es ihn wieder in seine Banater Heimat, wo er versuchte, beruflich Fuß zu fassen. Das wurde ihm jedoch nicht leicht gemacht. Als Angestellter der Gertianoscher Hanffabrik wurde er zum Arbeitsdienst (DGSM) eingezogen. Am 14. Mai 1952 wurde er von der Securitate wegen „Spionage“ verhaftet und in einem Schauprozess wegen „Hochverrat“ zu drei Jahren schweren Kerkers verurteilt. Über die Zeit in den berüchtigten Haftanstalten Aiud und Onești hat er sehr selten geredet. 1955 kam er zwar frei, aber als ehemaliger politischer Häftling fand er keinen seiner Ausbildung gemäßen Arbeitsplatz.

Im Jahre 1956 heiratete Johann Georg Mojem die aus Jahrmarkt stammende Lehrerin Hildegard Mersdorf. Nachdem er sich in der Temeswarer Textilfabrik ILSA zwei Jahre lang als Buchhalter eingearbeitet hatte, wechselte er 1959 zur Sammel- und Einkaufsstelle für Roh- und wiederverwertbare Materialien (DCA). Hier fanden viele ehemalige politische Häftlinge, ehemalige deutsche Soldaten, Minderheiten wie Ungarn und Juden, aber auch in Ungnade gefallene ehemalige Funktionäre des Staats- und Parteiapparats ihr Auskommen und arbeiteten einvernehmlich zusammen. Aufgrund seiner Kompetenz und Zuverlässigkeit wurde er 1968 zum Chefbuchhalter des Unternehmens befördert, eine Stellung, die er bis zu seiner Aussiedlung innehatte.

Im März 1977 reiste Johann Georg Mojem mit seinen Eltern, seiner Frau Hildegard und den beiden Kindern Henriette und Helmut nach Deutschland aus und fand in Stuttgart eine neue Heimat. Bis 1990 war er als Buchhalter an der Bundeskasse der Oberfinanzdirektion Stuttgart tätig, von wo er in Rente ging.

Im Jahre 1978, bereits ein knappes Jahr nach seiner Einreise, übernahm er den Vorsitz des Kreisverbandes Stuttgart, den er bis 2013 behalten sollte. Während dieser 35 Jahre fanden unter seiner Regie unzählige Veranstaltungen statt: Kultur- und Brauchtumsnachmittage, Unterhaltungsabende, Andachten, Weihnachtsfeiern, Ausflüge usw., wobei die von seiner Frau Hildegard geleitete Kulturgruppe (Chor und Trachtengruppe) als Aushängeschild des Kreisverbandes zahlreiche Auftritte in Stuttgart und im süddeutschen Raum absolvierte.

Dreißig Jahre lang, von 1986 bis 2016, gehörte Hans Georg Mojem dem Landesvorstand Baden-Württemberg als stellvertretender Vorsitzender an. Als Landesgeschäftsführer achtete er stets auf einen ausgeglichenen Haushalt und eine sparsame Geschäftsführung. Dem Innenministerium Baden-Württemberg und dem Bund der Vertriebenen war er stets ein zuverlässiger Kooperationspartner. Nach der politischen Wende begleitete Hans Georg Mojem häufig offizielle Delegationen auf deren Reisen ins Banat. Seine alte Heimat und die dort verbliebenen Landsleute lagen ihm immer besonders am Herzen und so organisierte er nach der Wende mehrere Hilfsgütertransporte ins Banat. Er war Mitglied des Hilfswerks der Banater Schwaben und des St. Gerhards-Werks der katholischen Donauschwaben.
Als Mitglied des Bundesvorstands, dem er von 1995 bis 2008 – zunächst als Beisitzer, ab 2002 als stellvertretender Bundesvorsitzender – angehörte, brachte sich Mojem aktiv und verantwortungsbewusst in die Verbandsarbeit und in das landsmannschaftliche Geschehen ein. Er konnte zuhören und war immer auf Ausgleich bedacht. Sein Verantwortungsbereich waren auch hier vorranging die Finanzen des Verbandes. Für seine Verdienste wurde er 2016 mit der Verdienstmedaille der Landsmannschaft in Gold ausgezeichnet.

Am 20. Juli wurde Johann Georg Mojem auf dem Alten Friedhof in Stuttgart-Vaihingen zu Grabe getragen. Viele ehemalige Weggefährten, darunter die Ehrenvorsitzenden des Bundesverbandes und des Landesverbandes Baden-Württemberg, Bernhard Krastl und Josef Prunkl, die amtierenden Vorsitzenden Peter-Dietmar Leber und Richard Jäger, Mitglieder des Bundesvorstandes und des Landesvorstandes Baden-Württemberg, Kreis- und HOG-Vorsitzende, Vertreter des Bundes der Vertriebenen, des Hauses der Donauschwaben in Sindelfingen, begleiteten ihn auf seinem letzten Weg. Den Nachruf am Grab hielt Bundesvorsitzender Peter-Dietmar Leber, der Johann Georg Mojem als Mann der Verantwortung, des Ausgleichs und des Brückenschlags würdigte: „Johann Georg Mojem war immer für unsere Mitglieder mit Rat und Tat da, er hat unseren Verband organisatorisch gestärkt, er hat unsere Arbeit bereichert und mit seiner gesamten Familie einen wichtigen Beitrag zum Fortbestand unserer Gemeinschaft, zur Pflege und Vermittlung unseres kulturellen Erbes geleistet. Er hat darauf geachtet, dass wir das Wesentliche im Blick behalten, uns darauf konzentrieren und dass wir zum Banat und den dort lebenden Menschen den Kontakt bewusst aufrechterhalten.“

Die Landsmannschaft der Banater Schwaben mit allen Gliederungen, in denen er gewirkt hat, wird ihm ein ehrendes Gedenken bewahren. Unsere aufrichtige Anteilnahme gilt den hinterbliebenen Familienangehörigen.